Vorträge / Seminare

Kafkas ›Process‹ in der Handschrift. Was Manuskripte verraten

Themen u.a.: Der materielle Wert von Handschriften, das Schicksal des Process-Manuskripts, warum Der Process unvollendet blieb, Kafkas Plan der Romanhandlung, entscheidende Korrekturen, verräterische Fehlleistungen.

Dauer: ca. 50 Minuten.

 

erste untersuchung 

Das Manuskript von Kafkas Roman-Fragment Der Process gilt heute als das weltweit wertvollste Manuskript der modernen Literatur — nicht zuletzt wegen der gut lesbaren Handschrift und wegen seiner eigenen dramatischen Geschichte. Denn um es auf Dauer zu bewahren, musste es nicht weniger als dreimal gerettet werden, und noch immer wird um den idealen Aufbewahrungsort gestritten.

Aber wozu brauchen wir so dringend das Original, da der Text doch längst millionenfach verbreitet ist? Es ist noch immer wenig bekannt, dass gerade dieses Manuskript ganz erstaunliche Einblicke in Kafkas Werkstatt bietet. Es lässt erkennen, dass er einerseits zwar sehr spontan schrieb, dass er andererseits aber auch kleinste Unebenheiten des Textes polierte, um bestimmte Wirkungen zu erzielen. Die Handschrift verrät die geplante Struktur des Romans; sie zeigt aber auch auf geradezu dramatische Weise, wie Kafka für Momente von der eigenen Imagination überwältigt wurde. Der Vortrag ist insofern auch ein Plädoyer für den Wert literarischer Handschriften, jenseits des bloßen ›Sammlerwerts‹.